Geschichte

vereinshaus

Harscheid im Jahre 1887. Das Deutsche Kaiserreich war noch jung, Bismarck war gerade noch Reichskanzler und in Frankreich wurde für die Weltausstellung der Eiffelturm gebaut. Alles das war für das Dörfchen Harscheid im Süden von Nümbrecht nicht von Bedeutung. Die Bevölkerung bestand vor allem aus Bauern und kleinen Handwerkern mit kinderreichen Familien. Es herrschte große Armut. Davon waren natürlich auch die Jugendlichen betroffen: kaum Perspektiven, harte Arbeit – und Alkohol.

Zu der Zeit kam Wilhelm Weigle, der später in Essen zu einem weithin bekannten Jugendpfarrer wurde, als Vikar von Pastor Engels nach Nümbrecht. Weigle war für den südlichen Teil der Gemeinde zuständig. Hier fand er seine Berufung als Seelsorger für die Jugend und gründete einen Jünglingsverein, den späteren CVJM. Er löste in den jungen Männern eine Welle der Begeisterung für Jesus aus. Der Zulauf war nach wenigen Wochen schon so gewaltig, dass die Räume in den Privathäusern einfach zu klein wurden. Im Winter 1887/1888 fasste man deshalb den tollkühnen Entschluss, ein Vereinshaus zu bauen. Man hatte kein Geld, kein Material, keinen Plan. Auch von der Kirchengemeinde konnte man kein Geld erwarten. Die Opferbereitschaft der Leute in Harscheid und den umliegenden Dörfern können wir uns heute nicht mehr vorstellen. Mit Pferden und Ochsenkarren wurde das Baumaterial wie Holz und Ziegelsteine auf holprigen Wegen herangeschafft. Es war eine Sensation: Die Jugendlichen und Männer waren mit Begeisterung bei der Arbeit, so dass das Gebäude, für uns unvorstellbar, in einem knappen Jahr eingeweiht werden konnte. Es wurde ein Haus voller Leben: Beschäftigung mit der Bibel, Sport und Spiel, Posaunenchor und Männerchor …

Das Haus erlebte eine wechselvolle Geschichte und überdauerte die beiden Weltkriege. Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges fanden dann auch regelmäßig Gottesdienste für den unteren Bezirk statt. In den ersten Jahren gab es noch eine strenge Sitzordnung. Die Männer saßen rechts, die Frauen links. Na ja, heute ist das ein bisschen anders.

1960 wurde das Vereinshaus der evangelischen Kirchengemeinde Nümbrecht für eine symbolische Mark übertragen, und 1985 baute die Gemeinde einen Erweiterungsbau an, mit weiteren Gruppenräumen, einer Küche und WCs.

In den 90er-Jahren wurde der Wunsch immer dringlicher, die Räumlichkeiten der Kirche zu erneuern. Viele fragten: „Warum braucht ihr eine neue Kirche? Die sieht doch noch gut aus!“ Das stimmt aber nur rein äußerlich. Die Bausubstanz ist inzwischen so marode, dass einmal sogar die Decke durchgebrochen ist. Die Raumhöhe ist so gering, dass die Luft schnell stickig wird, und häufig ist der Kirchraum so überfüllt, dass Besucher entweder wieder nach Hause gehen oder die Nebenräume mit Videoübertragung ausgerüstet werden müssen.

Um die Situation endlich zu verbessern, wurde am 5. April 2003 der Kirchbauverein Harscheid gegründet, mit dem Ziel, Gelder zu sammeln, um sie dann der Kirchengemeinde für einen Neubau zur Verfügung zu stellen. Mit viel Enthusiasmus gingen wir ans Werk und merkten bald, dass die Sache nicht so einfach ist. Die finanzielle Perspektive der Kirche verschlechtert sich. Immer mehr Gemeinden können den Unterhalt ihrer Gebäude nicht mehr gewährleisten und müssen Teile ihrer Immobilien veräußern. Ein Neubau kam für die Gemeinde Nümbrecht nicht mehr in Frage.

Aber es wurde eine neue Lösung gefunden: Der Kirchbauverein übernimmt die Immobilie in Erbpacht, baut die neue Kirche selbst und überlasst sie der Gemeinde zur dauerhaften Nutzung! Damit ist der Weg für den Bau frei.

Durch viele Aktivitäten und Spenden haben wir innerhalb von 11 Jahren über eine halbe Million Euro auf unserm Konto. Damit haben wir schon so viel erreicht, dass wir mit Abriss und Neubau anfangen können, aber es reicht natürlich immer noch nicht. Deshalb geht es uns auch heute wie Wilhelm Weigle damals: Wir brauchen Helfer, Baumaterial und Begeisterung. Es muss nichts mehr auf Pferdewagen und holprigen Wegen herangeschafft werden wie vor 125 Jahren, aber: Die Mitarbeit und Mithilfe vieler einschließlich dem Mitdenken und Mitbeten sind für den Bau einer Kirche absolut notwendig – damals wie heute.

Der Bau des Vereinshauses war damals eine Sensation. Genauso ist es heute eine Sensation, in Zeiten des allgemeinen Kirchensterbens eine neue Kirche zu bauen! Lassen Sie sich begeistern! Bauen Sie mit! Freuen Sie sich mit! Bauen Sie Kirche! Seien Sie Kirche! Wir sind die Kirche!