OVZ Veröffentlichung am 23. Februar 2015

Die Pressevertreter der Oberbergischen Volkszeitung (Kölnische Rundschau) haben Wort gehalten und einen sehr schönen Artikel geschrieben. Klicken Sie ihn einfach an. Mit der Taste „esc“ kommen Sie wieder hierher zurück.

Wir danken der Heinen-Verlag GmbH, dem Autor Reiner Thies und dem Fotografen Leif Schnittgen für die freundliche Genehmigung, diesen Artikel hier veröffentlichen zu dürfen.

150223_ArtikelOVZ

Wer den Text in der Darstellung oben nicht richtig lesen kann – hier ist er nochmal:

Verein mit Gottvertrauen

Von Reiner Thies.

Harscheid: Martin Luther würde noch ein Apfelbäumchen pflanzen, wenn die Welt unterginge. Zumindest wird ihm ein entsprechender Sinnspruch zugeschrieben. Die Protestanten aus Nümbrecht-Harscheid und Umgebung wollen da nicht zurückstehen und setzen mit ihrem Kirchenneubau ein Zeichen.

Am Wochenende haben sie das Dach des alten Gebäudes gemeinsam abgedeckt, jetzt übernehmen Abrissprofis. Im kommenden Jahr soll der Neubau stehen. Anders als andere Kirchengemeinden sorgt man sich hier allerdings auch weniger um einen Rückgang der Gemeindeglieder. Mehr als 100 Besucher kämen im Durchschnitt zu den Harscheider Gottesdiensten, versichert Pfarrer Ralf-Andreas Kliesch. Und darunter seien nicht wenige junge Leute. Die Angebote der Jugendarbeit fänden viel Zuspruch. Deshalb wird der hintere Gebäudeteil, ein Anbau von 1985, auch erhalten und während der kompletten Bauzeit zugänglich bleiben. Hier treffen sich die Jugend- und Konfirmandengruppen, aber auch ein Mutter-Kind-, ein Frauen- und ein Seniorenkreis sowie weitere Gruppen.

Dennoch: Wenn die Harscheider die Sache nicht selbst in die Hand genommen hätten, wäre ihre Kirche wahrscheinlich mittelfristig dem Sparzwang der Landeskirche geopfert worden. Das Geld für Sanierung oder Neubau hätte die Kirchengemeinde Nümbrecht aus eigenen Mitteln nicht aufbringen können.

Dass ein einer Kirchengemeinde angeschlossener Verein ein Gotteshaus baut, ist nach Kenntnis des Vorsitzenden Michael Licht ein außergewöhnlicher Vorgang. Auch für die Landeskirche sei es neu gewesen, den dafür erforderlichen Erbbauvertrag aufzusetzen. Damit wurde das Gelände dem Verein übertragen. Pfarrer Kliesch gefällt diese neue Harscheider Selbstständigkeit: „Wir wissen jetzt: Mindestens für 99 Jahre gehört die Kirche uns.“ Dr. Michael Licht, Vorsitzender des 2003 gegründeten Kirchbauvereins, ist der Auffassung, dass die eigenverantwortliche Lösung der richtige Ansatz ist: „Wir sind hier näher dran an der Problematik.“ Zudem habe es viel Unterstützung vom Kirchenkreis und der Landeskirche gegeben. Und vielleicht gibt es auch noch einen Zuschuss, hofft Licht.

Zusammenhalt wird groß geschrieben

Zwar sind mehr als 600 000 Euro bereits in der Kasse, zudem wollen die Harscheider die Kosten mit Eigenleistungen um 100 000 Euro drücken. Am Ende müssen aber 850 000 Euro zusammenkommen, so ist es kalkuliert. Die Ausschreibung läuft.

Zu den Gemeindegliedern, die am Samstag ehrenamtlich anpacken, gehören die Benrother Brüder Ole und Tom Wienand, die einen Dachdeckerbetrieb führen. Auch die Finanzierung des ehrgeizigen Vorhabens ist ein schönes Beispiel für den Zusammenhalt im Kirchspiel. Auf einen Kredit wird verzichtet, und einen Großsponsor hatten die Harscheider auch nicht. Die Durchschnittsspende habe nur 1,50 Euro betragen, versichert der Vereinsvorsitzende. Die meisten wurden bei Kollekten und Basaren eingenommen. Über eine Spende hat sich Pfarrer Kliesch besonders gefreut. „Eine Partnergemeinde in Sierra Leone hat uns Geld geschickt, obwohl sie dort mit der Ebola-Epidemie zu tun haben. Das sind die wertvollsten zehn Euro, die wir je bekommen haben.“

 

KOMMENTAR

Verantwortung

REINER THIES
über den Harscheider Kirchenneubau

Die Menschen in Oberberg werden weniger und älter. Das trifft die Kirchengemeinden in besonderem Maße. Überall wird kritisch geprüft, welche Angebote noch bezahlt werden können und müssen. Einige Gemeinden haben sich von Immobilien getrennt und sogar Kirchen geschlossen. Das mag durchaus vernünftig sein und kann dazu beitragen, dass sich die Kirche auf das Wesentliche besinnt. Jedoch besteht zugleich die Gefahr, dass eine Kirche auf dem Rückzug Strukturen zerstört, die den Schwund der Gemeindeglieder befördert.
Die Initiative des Harscheider Kirchbauvereins steht darum für einen Mut, ohne den die Volkskirche keine Zukunft hat. Und sie steht für eine Eigenverantwortung, die typisch evangelisch ist oder sein sollte.